Eine EU-light ? wenn Rumänien und Bulgarien beitreten ?

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Rumänien und Bulgarien werden die ersten Mitglieder der EU mit deutlich eingeschränkten Rechten sein. Ob sie nun 2007 oder erst 2008 der EU beitreten dürfen, ist da vergleichsweise zu einer zweitrangigen Frage geworden.


Denn hinter den spröden Formulierungen von Sicherheitsklauseln, die beim Beitritt der beiden Länder aktiviert werden sollen, verbirgt sich nichts anders als der zeitlich vorerst unbeschränkte Ausschluss eines EU-Mitgliedes beispielsweise vom Agrarmarkt oder vom wirtschaftlichen Herzstück der Union, dem gesamten Binnenmarkt und selbstverständlich auch von allen damit verbundenen Stimmrechten - bis es entsprechende Kriterien auf EU- Niveau erfüllt.


Damit verabschiedet sich die EU aber vom Gedanken, ein Bund von Staaten mit gleichen Rechten - und Pflichten - zu sein und von einer Mitgliedschaft, die alles beinhaltet, bisher ein wichtiger Pfeiler des Selbstverständnisses. Das Neuland, das hier betreten wird, eröffnet Kommission, Rat und Parlament ein umfangreiches Instrumentarium an Steuerungsmöglichkeiten, und der Gedanke, dass hier bereits für größere Projekte wie den Teilbeitritt der Türkei geprobt wird, liegt nahe. Gleichzeitig ist eine "EU light" aber auch ein großer Schritt weg von einer politischen Union und hin zu einem lockereren wirtschaftlichen Bündnis - und wohl auch aus der Erkenntnis geboren, dass nach den Referenden in Frankreich und den Niederlanden eine gemeinsame Verfassung derzeit kaum zu realisieren ist.


Die Lösung mit verschiedenen Mitgliedsklassen hat einigen Charme: Die Länder stehen weiterhin unter Druck, Reformen voranzutreiben und nicht, wie dies zurzeit einige neue Mitglieder im Osten tun, nach erfolgtem Beitritt erschöpft und glücklich die Zügel locker zu lassen. Große Länder wie die Türkei könnten behutsam an die wirtschaftlichen und sozialen Standards herangeführt werden.


Eine "EU light" würde aber auch von den Gremien der Union stärkeres Rückgrat verlangen. Denn einem Land zu sagen, dass derzeit vielleicht gerade einmal die Volksschule in gewissen Bereichen infrage kommt, während stolze Landespolitiker ihren Wählern bereits die Universität versprochen haben, erfordert ein nicht unwesentliches Feingefühl und sicher eine kommunikative Meisterleistung. Und dennoch würden es vermutlich nicht wenige in einem betroffenen Land als Beleidigung auffassen, vorerst nur Mitglied zweiter Klasse zu werden. Aber die EU wird vermutlich keine andere Wahl haben, als diesen Weg zu gehen. Will sie signalisieren, dass Beitrittsverhandlungen nicht vernachlässigbare, etwas lästige Nebengeräusche zu einer Beitrittsautomatik sind, dürfte sie Bulgarien derzeit nicht aufnehmen.


Für die Kommission geht es schlicht um ihre Glaubwürdigkeit in weiteren Beitrittsverhandlungen. Wenn Beitrittskommissar Olli Rehn in einem Zwischenbericht feststellt, dass die Bemühungen Bulgariens, eine unabhängige Justiz zu schaffen sowie Korruption und organisierte Kriminalität zu bekämpfen, bisher "begrenzt" sind, so bedeutet das in Übersetzung der höflichen Diplomatensprache, dass in diesem Bereich rein gar nichts passiert ist. Und wenn Rehn meint, man möge doch noch auf den Endbericht warten, weil in vier Wochen viel passieren könne, muss er sich die Frage gefallen lassen, wie sehr sich ein Justizapparat, der sich zwei Jahre völlig reformresistent zeigte, in vier Wochen noch verändern könne. Und das zeigt das bisherige Dilemma der EU: Bulgarien hat, unabhängig von seinen Reformfortschritten, mit dem im Vorjahr unterzeichneten Beitrittsvertrag nicht die Möglichkeit, sondern das Recht, spätestens 2008 der EU beizutreten. Die Sicherheitsklauseln machen den großen Unterschied: Vollmitglied oder besserer Beobachter, diese Wahl wird ziemlich motivierend wirken - und die Verhandler in der Türkei und Kroatien werden daraus ihre Schlüsse ziehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.4.2006)

aus Standard 5.4.2006

 

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Sprache
Deutsch
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Veröffentlicht am
17.05.2006
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https://gw.schule.at/portale/geographie-und-wirtschaftskunde/gw-von-a-z/wirtschaft-politik/internationale-politik/eu-erweiterung/detail/eine-eu-light-wenn-rumaenien-und-bulgarien-beitreten.html
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